31.08.2011

Krokodil-Teich.


Ich trage meine Badehose um den Hals und die dunkle Nacht auf meinem Kopf.

Die Nacht als Hüterin von allen Tiefen und Unklarem bedeckt hier knapp 15 Männer. Alle lauern im Wasser der Schwefelquellen von Saturnia im Herzen der Toskana. Kurz nach Mitternacht liege ich hier in diesem natürlichen Becken dieser Quelle in knapp 30 Grad warmen Wasser. Wenige Meter über uns entspringt die Quelle und wird erst mal von einem kleinen Wasserfall und einer Art kleiner Bucht gefolgt.

Im Wasser aber am Rande dieser Bucht sitzen, stehen, schwimmen und schnaufen Männer. Schwule Männer. Die hoch schauen in einen Himmel ohne Wolken und einen vollen Mond sehen, der kitschig von Schilf eingerahmt wird.

Wie immer bei solchen Gelegenheiten, wo die Scham und die Ungewissheit über die anderen Gefühle obsiegen, herrscht große Stille. Jeder versucht den Schutz der Nacht nicht durch Lärm zu zerstören.

Die Bucht in an manchen Stellen nur ein Meter tief, manchmal zwei Meter, manchmal nur 30 Zentimeter. Trotzdem schaffen es fast alle ihren Körper und ihre Köpfe so im Wasser zu verstecken, dass nur die Augen zu sehen sind. 

So machen es eigentlich Krokodile. Und genau so laueren alle Junx & Männer wie Krokodile knapp oberhalb der Wasseroberfläche auf ihre Opfer. Manche warten geduldig in einer bestimmten Ecke. Still und regungslos. Andere bewegen sich in Zeitlupentempo durch das dunkle Nass.

Beim Mann gibt es ein simples digitales System, ob er etwas geil findet oder nicht. Mein System ist auf Null gestellt. Ich finde das einfach nicht geil hier. Es ist eigentlich alles da. Unbelassende Natur, die Nacht, fremde kleine Italiener, warmes Wasser. Aber all diese guten Zutaten werde für mich nicht zu einem guten Gericht, geschweige denn zu einer verlockenden  Mahlzeit.

Mein Bild ist ganz anderes. Ich sehe Männer die sich wie kleine pubertierende Junx an Jugendherbergs-Sex ergötzen. Mehr das Überschreiten eines Verbots genießen. Als den eigentlichen Akt selber. Schwefel-Wasser hat keinen guten Duft, um es mal vorsichtig auszudrücken. Aber selbst dieser intensiver Gestank nach Schwefel wurde überlagert von dem Eau de Toilette des „Verbotenen“.

Nun aber ist weder Sex, auch der zwischen Männern, noch sonstige schwule Abenteuer „verboten“. Und das hatte mein digitales System auf Null gestellt. Dieses Eau de Toilette mochte ich nicht. Ganz und gar nicht. Es stinkt viel mehr für mich als der Schwefel.

Deswegen lachte ich umso mehr als die Freundin die mit mir zu den Quellen gekommen ist, aber im Hetenbecken rumgelungert hatte, jetzt nach mir suchte. Und zwar mit einer Taschenlampe. Sie hält das Licht mitten in das Junx-Becken.

Und schon sieht sie aus wie eine Herbergsmutter und alle Krokodil tauchen unter.