16.12.2003

Concorde. (1. Reisebericht aus Berlin Dez '03)

Dieses Flugzeug bringt alle Passagiere in nur einer einzigen ersten Klasse, in überschall, in alle Welt.

Tim Fischer schenkt uns so ein Flugzeug. Sein Programm „Yesterday once more...“ fliegt als “…Best off” von Song zu Song, von Zeit zu Zeit und von Land zu Land.

Er nimmt uns mit in die erste Klasse. Seine Bordcrew ist eine wunderschöne Bande voller Gnome, wie noch nicht mal der Sommernachtstraum ihn uns zeigt. Sechs Gnome. Ihre Uniform ist die Fabe Schwarz. Und um Ihren Herrn gleich zu tun, tragen Sie alle Ohren wie ein Gnom.

Da ist der Geiger, im vollen schwulen Ornament. Engstes schwarzes ärmelloses Shirt, links und rechts Handgelenksleder, eine Zimmermannshose. Und für das Drama die Geige auf der Schulter. Kein Zigeuner an Bord der Concorde könnte mehr Drama uns geben.

Die Guitare neben ihn ist ein blasser, blutleerer Teufel. Aber nur dem äußeren nach. Seine Seiten schwingen alle hier an Bord.

Und in der Mitte: Tim, der Fischer. Einem Purser gleich, sorgt er sich um alle und jeden. So schmal, so groß, so wenig Kanten. Ein Strich nur. Ein Strich, der wie ein Drei-Tage-Seminar zum Thema Körpersprache daher kommt.

Am schwarzen Overall ist der Elvis-Stehkragen die einzige Erhebung. Dick ist alleine der Gürtel, als Hüftenersatz. Aus Silber so massiv, das Elvis ihn am liebsten auf seinem Hawaii-Konzert getragen hätte. Mit dem Po-langem-Haar sieht Tim aus, wie eine Melange aus Liv Tyler als Fee in „Herr der Ringe“ und dem tollpatschigen Ureinwohner namens Jar Jar Binks aus Episode One/Star Wars.

Und diese Bandbreite aus tiefer Mystik und entwaffnender Dummheit serviert er uns an Bord der Concorde „Tippi-das-Zelt“.

Da ist er deutsch romantisch beim „... großen schwarzen Vogel“, wo seine gesungene Liebe zum Tod, jeden das Blut an Bord gefrieren lässt. Dann wieder sozial dumm, als Fräulein Kreuzworträtsel. Uns mahnend das Wissen nie die Kunst der Menschenkenntnis ersetzt. Und dann wieder kalt und praktisch, wenn er vom Parfüm singt. „Das Parfüm mit dem Namen Hitler“. Wo jeder noch in der letzten Reihe der Concorde staunt, wie Adolfs Rhetorik tief, viele zu tief, in unserem kollektiven Ohr sitzt.

Die Gnomen-Bande hat auch einen Klavierspieler. Von der Statur her klein und dick. In Gesten arm. So das alles in seinem Gesicht statt finden kann. Ungeeignet und deswegen für gut befunden, als Primaballerina auch mal in Tüll zu tanzen.

Der Keyboarder ist der Pirat der Gnome. Das schwarze Tuch zum Kopftuch gebunden, erobert er jeden Passagier ganz schnell. Bei dem Drummer kann ich nichts sagen, er ist der Zwerg der Gnome. Sehen tue ich ihn nicht, doch hören sehr gern. Der Bass ist wie die gleichbleibende Turbine des Flugzeuges, die uns so lange wie wir sie hören, beruhigt schlafen lässt.

Her Fischer steuert die Concorde in vielen Sprachen, außer Deutsch, besser gesagt Deutsch-Österreich. Da ist sein Himmel gleiches Französisch. Und da ist Englisch, Italienisch und Türkisch. Und über all wird aus Tim ein Landeskind und doch bleibt er sich selbst. Die Stimme ist immer gleich und immer anders. Sein Statement: „Ich glaube and die Liebe, nicht an die Treue“ bleibt er gesanglich als zu treu.

Nach der Pause sind die Gnome und Herr Fischer in einheitlichem Weiß auf der Bühne. So das Reihe 1-12 und selbst Reihe 24-34 merkt, das die Kostüme die Leinwand sind für ein grandioses Licht, das jede seiner Rollen, jedes Lied, den perfekten Rahmen gibt.

Mit dem selben Overall, nur in Weiß, mit jetzt kurzem Haar, sagt Tim: „Entweder denken oder singen!“ Und so gibt es für uns Passagiere auch nur fühlen und kein Denken. Nach diesem erstklassigen Service, wollen alle ihn nicht nur von „9-10“ wie in seinem schönsten Liebeslied, lieben. Sondern wir gehen alle mit dem Lied im Kopf nach Hause: „Ich habe ins Paradies geschaut“

Berlin, 16.12.2003

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